ERNÄHRUNG BEI BRUSTKREBS – EINE STELLSCHRAUBE, AN DER ICH DREHEN KANN?
Für brustkrebserkrankte Frauen gilt wie für jeden anderen Menschen auch: eine ausgewogene und gesunde Ernährung ist die beste. Sie bietet dem Körper das, was er braucht, um ein gesundes Gleichgewicht herzustellen. Das ist die beste Grundlage, um Erkrankung und Therapie zu bewältigen. Um das zu erreichen, muss frau nicht hexen können.
Krebs und gesunde Ernährung – steht mein Speiseplan ab nun auf dem Kopf?
Mahlzeiten, gesunde Nahrungsmittel, Vitamine und Co. – wo fange ich denn an?
Gewichtsverlust und Mangelernährung
Appetitlosigkeit und Geschmacksveränderungen
Nahrungsergänzungsmittel und Superfoods – können die zaubern?
Krebsdiäten und Essverbote – gesundhungern ist nicht der Weg
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Überspitzt formuliert: Frauen mit Brustkrebs sollten ihre Ernährung nur dann ändern, wenn sie sonst jeden Tag bei einer Fast-Food-Kette aßen, morgens schnell ein Brötchen herunterschlangen und ausschließlich Limonade tranken. Denn die allgemeine Empfehlung lautet: Ernähren Sie sich ausgewogen und abwechslungsreich!
Oft reicht es schon, Einkaufs- und Essgewohnheiten etwas umzustellen für die richtige Ernährung. Gesunde Nahrung ist eine gute Mischung aus Energie (Kohlenhydrate), Bausteinen (z. B. Eiweiße), Fetten und Spurenelementen (z. B. Salze, Metalle, Vitamine) – und die stehen in der westlichen Welt in den Regalen der Supermärkte.
Zielsetzung einer guten Ernährung bei Brustkrebs ist z. B.:
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Gutes Befinden und hohe Lebensqualität erhalten oder verbessern (deshalb auch Vorsicht mit Krebsdiäten!)
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Das Immunsystem stärken
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Körpergewicht stabil halten
Was Sie überlegen sollten (sofern Sie es noch nicht machen): Kochen Sie so oft wie möglich selbst! Dann können Sie am besten Ihrem Appetit folgen, gesunde Nahrungsmittel schonend zubereiten (Beispiel: Gemüse garen statt kochen) und statt Salz und/oder Zucker Kräuter und Co. benutzen.
Oder Sie schauen sich nach einem Kochkurs um? Viele Brustkrebs-Selbsthilfegruppen treffen sich zum gemeinsamen Kochen!
Gut zu wissen
Eine gesunde Ernährung kann durchaus aus Convenience-Food bestehen. Supermärkte bieten z. B. frische Salate, Wraps …, das asiatische Fast-Food-Restaurant bereitet die Gerichte meist mit frischem Gemüse (relativ schonend) im Wok … Vielleicht eine Alternative zu Currywurst und Nudeln aus der Dose oder Tüte?
Über die Frage, wie oft ein Mensch am Tag essen sollte, ist sich die Wissenschaft so recht nicht einig. Lange empfohlen wurden fünf Mahlzeiten am Tag. Wer die Zeit zwischen den drei Hauptmahlzeiten ohne Snack überbrücken kann (ohne zu darben), kann das problemlos tun. Solange die Grundversorgung mit Nährstoffen am Ende des Tages stimmt. Wer einen Snack braucht, sollte über Obst oder Joghurt nachdenken, statt zum Schokoriegel zu greifen.
Anderes gilt für Frauen, die Appetitlosigkeit entwickeln. Dann kann es ratsam sein, viele kleine Portionen zu essen. Den besten Weg findet jede Erkrankte für sich heraus – fragen Sie aber auch gern die Ernährungsberatung.
So lässt sich Nahrung optimal verwerten:
- Nehmen Sie sich Zeit fürs Essen. So können Sie Ihr Sättigungsgefühl besser einschätzen.
- Kauen Sie gründlich (das braucht auch Zeit!), denn die Verdauung beginnt im Mund mit Enzymen aus dem Speichel. Wer also die Speise für die beste Nährstoffausbeute vorbereiten möchte, kaut, bis ein Brei entstanden ist. Das entfaltet übrigens auch die Aromen am besten. Und das hilft auch gegen Appetitlosigkeit …
Einen Überblick über die allgemeinen Ernährungsempfehlungen finden Sie bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).
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Und was heißt nun ausgewogene Ernährung?
Das braucht der Körper:
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Energie: Die liefern z. B. Kohlenhydrate (Zucker) und Fette. Beinahe alle Zellen benutzen Kohlenhydrate als Energielieferant.
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„Bausteine“: Eiweiße (Proteine). Aus ihnen konstruiert der Körper z. B. Gewebe (etwa Muskeln, die Umhüllungen von Zellen).
Vitamine/Spurenelemente/Mineralstoffe: Diese Stoffe benötigt der Körper oft nur in geringen Mengen, aber er braucht sie für sehr viele Vorgänge im menschlichen Stoffwechsel.
Gut zu wissen
Eine ausgewogene, bedarfsdeckende Ernährungsweise, die alle Nährstoffe liefert, versorgt den Organismus – auch bei einer Krebserkrankung – ausreichend mit allem, was er braucht!
Eine Krebserkrankung muss nicht zwangsläufig mit Gewichtsverlust einhergehen! Gerade bei Brustkrebs tritt er eher in einen späten Stadium der Krankheit auf. Gründe dafür können sein:
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Der Tumor entzieht dem Körper Energie, die er für das eigene Wachstum beansprucht.
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Der Tumor beeinflusst den Stoffwechsel so, dass der Körper bestimmte gesunde Nahrung oder Nährstoffe nicht mehr so gut aufnehmen kann.
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Nebenwirkungen der Therapie (z. B. Erbrechen, Durchfall, Appetitlosigkeit).
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Als Faustregel gilt: Verlieren Sie innerhalb von drei Monaten mehr als fünf Prozent des Körpergewichts, sollten Sie sich an Ihren Arzt oder die Ernährungsberatung wenden. Diese werden mit Ihnen zusammen den Gewichtsaufbau angehen.
Wer einen ernährungsbedingten Mangel hat, dem fehlt ein wesentlicher Baustein (z. B. Vitamine, Salze, Mineralstoffe). Das kann das Gleichgewicht des Körpers (Homöostase) stören. Viele dieser Stoffe im Körper lassen sich über Untersuchungen bestimmen (etwa im Blut), was während einer Therapie meist recht eng überwacht wird. Ist der Mangel erkannt, ist er oft schnell gebannt – die meisten Mängel lassen sich über Präparate (oder die Ernährung) ausgleichen.
APPETITLOSIGKEIT UND GESCHMACKSVERÄNDERUNGEN
Fehlender Appetit und veränderte Empfindungen des Geschmacks sind oft Folgen der Chemotherapie oder Bestrahlung. Meist verschwinden sie nach Abschluss der Therapie wieder.
Die Empfindungen sind sehr verschieden: Das Essen kann plötzlich zu fade oder zu salzig schmecken, Süßes als übermäßig süß empfunden oder Bitteres als nicht essbar eingeschätzt werden.
Allgemein raten lässt sich:
- Essen Sie nie etwas gegen Ihren Willen!
- Trinken Sie oft einen kleinen Schluck, das vertreibt schlechten Geschmack im Mund.
- Wenn Sie kein Fleisch oder keinen Fisch mehr mögen, ersetzen Sie diese durch (eiweißhaltige) Milchprodukte oder Tofu.
- Ist der „schlechte“ Geschmack im Mund metallisch, versuchen Sie es mit Plastikgeschirr.
Wenn Sie sich ausgewogen und abwechslungsreich ernähren, benötigen Sie keine Nahrungsergänzung. Sie haben ja alles! Nahrungsergänzungsmittel macht erst dann Sinn, wenn eine Phase kommen sollte, in der Sie eine „richtige“ Ernährung bei Brustkrebs nicht „allein“ gewährleisten können. Bitte nehmen Sie diese jedoch nicht ohne Rücksprache mit Ihrer Ärztin bzw. Ihrem Arzt oder der Ernährungsberatung. Denn auch „Pflanzliches“ oder „Natürliches“ kann mit den aktuellen Medikamenten in Wechselwirkung treten, d. h. ihre Wirkung abschwächen oder erhöhen.
Dann besser gleich ein „Superfood“? Das sollen quasi ernährungsphysiologische Alleskönner sein. Klingt zu schön, um wahr zu sein?
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Der Stand der wissenschaftlichen Dinge:
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„Superfood“ ist kein geschützter oder definierter Begriff. Es kann also, überspitzt gesagt, alles sein – von Schaden bis Nutzen. „Superfoods“ sind recht neu und schlicht nicht gut untersucht.
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Die Versprechen der exotischen Superfoods haben meist ein regionales Pendant: Chiasamen sind vergleichbar zu Leinsamen, Goji-Beeren mit dem hiesigen Kohl …
Vorsicht bei jeder Art von Allheilsversprechen zur richtigen Ernährung bei Brustkrebs! Der Körper und sein Stoffwechsel sind zu komplex, als dass ein Nahrungsmittel ausschließlichen Segen bringen könnte.
Können Sie das „Allheilmittel“ sein – sogenannte Krebsdiäten? Das sind Kostformen, die z. B. exzessiv die Aufnahme oder den Entzug eines bestimmten Nährstoffs empfehlen. Dass solche Diäten positiv auf den Krankheitsverlauf oder die Gesundheit wirken, dafür gibt es bis heute keinen wissenschaftlichen Beweis. Was sich aber beobachten lässt: Sie treiben den sowieso bereits durch die Krankheit gestressten Organismus schnell in einen Mangel. Und das ist nicht im Sinne einer ausgewogenen Ernährung.
Radikale Essverbote gehören auch nicht auf den Speiseplan. Selbst ein maßvoller Umgang mit „normalem“ Zucker ist in Ordnung. Das „Problem“ mit dem „bösen Zucker“: Hat der Körper bereits genug Energie für den Tag erhalten, liefert z. B. ein Liter Limo zusätzlich schlicht vor allem eines: unfassbar viele Kalorien, die der Organismus aktuell nicht sinnvoll verwerten kann. Also lagert er die Kalorien als Pölsterchen auf den Hüften ab. So entfernt man sich Kilo für Kilo weg vom Normalgewicht … Normalgewicht aber hilft dabei, Krankheit und Therapie besser zu bewältigen.
Beispiel Zucker
Einer Theorie zufolge kann man den Tumor „aushungern“, indem man ihm komplett Zucker/Kohlenhydrate entzieht. Aber: So erhält der gesamte Körper keine Energie mehr. Das ist wie ein Auto ohne Antrieb, das ist nach heutigem Wissen nicht zielführend.
Zu jeder Therapie sollte eine Ernährungsberatung gehören! Denn:
Als wissenschaftlich erwiesen gilt: Normalgewicht und eine gesunde Ernährung bei Brustkrebs unterstützen dabei, Erkrankung und Therapie besser zu bewältigen.
Sollten Sie jetzt denken: Ich muss ein paar Kilo runterbekommen, halten Sie ein. Während einer Krebstherapie ist eine Diät zur Gewichtsreduktion nicht unbedingt sinnvoll. Sprechen Sie darüber mit der Ernährungsberatung.
Ernährungsberater sind Experten in Sachen gutes Essen – gut im Sinne von
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schmackhaft,
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ausgewogen und nahrhaft für den Organismus.
Diese Fachleute kennen jeden Trick und Kniff, um Essen bestens zuzubereiten. Sie kennen alle Normwerte sämtlicher Nährstoffempfehlungen. Sie erkennen, wann ein Mangel vorliegt und wissen, wie man ihn behebt.
Sie haben ständig mit Menschen zu tun, die erkrankungsbedingt eingeschränkt sind bei der Aufnahme von Nahrung – haben also jede Menge Erfahrung und praktische Tipps parat.
Nutzen Sie dieses wertvolle Wissen für sich selbst!
Sollte Ihnen Ihre behandelnde Klinik kein Angebot für eine Ernährungsberatung machen, fragen Sie aktiv nach. Es lohnt sich ganz sicher!
Das Tumorzentrum München (TZM) hat eine kostenfreie Rezept-App mit Rezepten von Sterneköchen wie Eckart Witzigmann, Hans Haas, Martin Fauster und Tohru Nakamura entwickelt. Wer mag, schaut einmal hinein: www.tumorzentrum-muenchen.de
Weitere Links:
KID – Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums Heidelberg: www.krebsinformationsdienst.de
Tumorzentrum München, AG Ernährung: www.ernaehrung-krebs-tzm.de
Projekt des gemeinnützigen Vereins Eat What You Need e.V. – Allianz für bedarfsgerechte Ernährung bei Krebs in Kooperation mit dem CCC München Comprehensive Cancer Center am Klinikum der Universität München Ludwig-Maximilians-Universität: www.was-essen-bei-krebs.de
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Stiftung Deutsche Krebshilfe: Die blauen Ratgeber – Ernährung bei Krebs (Broschüre), unter: https://www.krebshilfe.de/infomaterial/Blaue_Ratgeber/Ernaehrung-bei-Krebs_BlaueRatgeber_DeutscheKrebshilfe.pdf zuletzt abgerufen am 21.02.2023.
Arends, J, Bertz H, Bischoff, SC et al: Klinische Ernährung in der Onkologie, in: Aktuel Ernahrungsmed 2015; 40, 2015, e1–e74. zuletzt abgerufen am 21.02.2023.